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And when ears see, eyes listen, 2022

 

Gustav Lübcke Museum, Hamm, 2022
Foto ©Rainer Schlautmann

Sound, Körperschallwandler, E-Verdrahtung, Lehmputz, Pigment Umbra gebrannt, Eichenrahmen, Kirschbaumholz, Rotationszeichnungen im Raum

Matjö, Köln, 2023

 

Ausgangspunkt der Arbeit sind computergenerierte Datensätze.
Datensätze, die vom Anthropozän ausgelöst wurden.
Datensätze, die glo
bale Entwicklungen spiegeln.
Datensätze, die in Diagrammen grafisch dargestellt werden.
Diagramme, die vom Anthropozän ausgewertet werden.


Als Beispiel: Von Organisationen, wie der UN, dem internationalem Stockholmer Friedensforschungs Institut oder dem Internationalen Institut für strategische Studien werden Daten zur globalen Erderwärmung, der Energieverbrauch oder die Inflation im Diagramm durch fallende und steigende Linien ins Visuelle überführt. Diese Daten sind freizugänglich.


In einer recherchebasierten Praxis greift Yoana Tuzharova diese abstrakten Informationen und Linien auf. Zunächst losgelöst von der Information, die den Linien inne sind, werden sie in der künstlerischen Arbeit zu Klang, Formen, Mustern, Zeichnungen und Ornamenten. Für die ins Material überführten digitalen Linienformen bedient sich Yoana Tuzharova gegenwärtig, traditionellen Werkstoffen und Techniken. Sie nutzt Stoff, Ton, Holz oder Lehm. Die abstrakten Linien, werden so in dem Werk von Yoana Tuzharova physisch. Sie werden zu gedrechselten Objekten und Keramiken, die an Gefäße erinnern. Sie werden zu Wandbildern, die in ihrer Erscheinung gewebten Teppichen oder Höhlenmalereien ähneln. Dabei befragt die Künstlerin auch Prozesse der Kultivierung. Daneben stehen die Lautsprecher und Kabel, die den Klang sowohl in den Ausstellungsraum als auch den öffentlichen Raum bringen. Die Schallwellen werden auf der Haut spürbar und überlagern sich mit dem alltäglichen Geschehen. So schafft Yoana Tuzharova eine Ausstellung mit Objekten, Bildern und Zeichnungen, dessen visuelle Präsentation in eine auditive Landschaft eingebunden ist und umgekehrt. Losgelöst von den Informationen, die die Diagramme bereitgestellt haben, wird durch die Arbeit von Yoana Tuzharova eine Atmosphäre für die Besucher:innen spürbar. Innerhalb dieser alternieren die von Willi Baumeister voneinander getrennten Begriffe des Sehens und Schauens und verwischen.
Ähnlich dem Begriff des Sehens, wie er von John Berger1 verstanden wird, ziehen die Besucher:innen, so ging es mir, Verbindungen zwischen den einzelnen Exponaten, zwischen Klang und Objekt, zwischen Digitalem und Analogem, zwischen dem Flachen und dem Dimensionalem, zwischen den einzelnen Ringen des Baumes und denen des 3D-gedruckten Tones, zwischen Gegenwart und Historie, zwischen verstehendem Sehen und emotionalem Schauen. Im Matjö gehen diese Verbindungen noch weiter. Von der Fassade, über die Fliesen des Bodens, die freigelegte Wandmalerei oder die Decke, all das wird mindestens unterbewusst in die Installation eingebunden. Dabei kommt Yoana Tuzharova zu Fragen, wie: Wo verschwimmen die Grenzen zwischen Raum und Zeichnung? Wie lässt sich Schönheit hinterfragen? Wie entsteht ein Ornament?


Roger Rohrbach, Auszug aus der Rede zur Eröffnung der Ausstellung und wenn die Ohren sehen, hören die Augen zu.
 


 

The starting point of the works in Yoana Tuzharova's exhibition is computer-generated datasets.

Datasets triggered by the Anthropocene.

Datasets reflecting global developments.

Datasets graphically represented in diagrams.

Diagrams evaluated from the Anthropocene perspective.

 

As an example: Organizations such as the UN, the International Stockholm Peace Research Institute, or the International Institute for Strategic Studies translate data on global warming, energy consumption, or inflation into visual representations through rising and falling lines on a graph. These data are accessible to the public.

In a research-based practice, Yoana Tuzharova takes up these abstract pieces of information and lines. Initially detached from the information inherent in the lines, they become forms, patterns, drawings, and ornaments in her artistic work. For the digitally transformed line forms materialized by Yoana Tuzharova, she currently employs traditional materials and techniques, using clay, wood, or pottery. The abstract lines thus become physical in Yoana Tuzharova's work. They turn into turned objects and ceramics reminiscent of vessels. They become wall paintings resembling woven carpets or cave paintings in their appearance. The artist also interrogates processes of cultivation.

Alongside these, speakers and cables bring sound into both the exhibition space and the public sphere. The sound waves become palpable on the skin and overlay with everyday occurrences. In this way, Yoana Tuzharova creates an exhibition with objects, images, and drawings, whose visual presentation is integrated into an auditory landscape and vice versa. Detached from the information provided by the diagrams, Yoana Tuzharova's work makes an atmosphere tangible for the visitors. Within this atmosphere, the separated terms of seeing and looking, as defined by Willi Baumeister, alternate and blur.

 

Similar to the concept of seeing as understood by John Berger, visitors, as I experienced it, draw connections between individual exhibits, between sound and object, between digital and analog, between the flat and the dimensional, between the individual rings of the tree and those of the 3D-printed tone, between the present and history, between understanding seeing and emotional looking. In Matjö, these connections go even further. From the facade to the floor tiles, the exposed wall painting, or the ceiling, all of this is at least subconsciously integrated into the installation. Yoana Tuzharova raises questions such as: Where do the boundaries between space and drawing blur? How can beauty be questioned? How is an ornament created?

 

Against this backdrop, it becomes clear how strongly the sensually experienced image, alongside scientific research, serves as a vehicle for information or is seen as such. And when ears see, eyes listen.

Excerpt from the opening speech of the exhibition "When Ears See, Eyes Listen" by Roger Rohrbach

Fotos ©Rainer Schlautmann



 
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